Allgemeine Management Imperative
    Geschäftsgrundlage für das Business Agility Manifest

     

    von Roger T. Burlton, Ronald G. Ross & John A. Zachman
    Übersetzung durch Markus Schacher, Rolf Gubser, Patrick Grässle1


    Vorwort: "Business Agility", wie der Name schon sagt, legt Implikationen nahe, die weit über die üblichen Dimensionen einer "agilen" Diskussion über Software-Entwicklung oder Organisationsschemata hinausgehen. "Business Agility" sieht die Fähigkeit vor, die Konzepte und Strukturen des Unternehmens als Ganzes dynamisch zu modifizieren, um im Kontext eines sich dramatisch verändernden, komplexen und unsicheren Betriebsumfelds relevant zu bleiben. Diese Fähigkeit muss zwangsläufig eine dynamische Rekonfiguration von Implementationen umfassen – in Entwicklung befindlichen und reifen, manuellen und automatisierten, neuen und bestehenden – um den Geschäftsbetrieb auch während der Umsetzung von Geschäftsänderungen aufrechtzuerhalten. Die Berücksichtigung und bewusste Anwendung der folgenden allgemeinen Management Imperativen ist ausschlaggebend bei der Schaffung einer agilen, dynamisch operierenden Organisation.

     

    1. Geschäftsveränderungen ermöglichen– Änderungen am Geschäft in minimaler Zeit, mit minimalen Kosten, minimalen Unterbrechungen und minimalem Ausfallrisiko. ("Änderung" beinhaltet Marktänderungen, regulatorische Änderungen, Technologie­änderungen, Arbeitsmarktänderungen, Strategiewechsel, etc.)
      1. Gestaltung des Geschäfts ausgerichtet auf Flexibilität, um durch Separierung unabhängiger Variablen fortlaufende Geschäftsänderungen zu unterstützen (d.h. die Fähigkeit, eine einzelne, zentrale Geschäftskomponente ohne unbeabsichtigte Folgen oder Auswirkungen auf andere verwandte Komponenten anpassen zu können)
      2. Rasche Umsetzungen auf der Basis von Komponenten, die bewusst zur Wiederverwendung in verschiedenen Implementationen konzipiert wurden, um dadurch Entwicklungskosten und Zeitaufwand für die Implementation zu minimieren sowie die Nacharbeiten aufgrund von Mängeln und Fehlern zu reduzieren
      3. Zugriff auf und Nutzung einer Geschäftswissensbasis zur Vorhersage und Minimierung der Auswirkungen vorgeschlagener Änderungen
    2. Nutzen schaffen– Mehrwert für Kunden, Aktionäre, die Gesellschaft, Nachwelt, etc.
      1. Strategieentwicklung unter Anwendung betriebswirtschaftlicher Ökosystem-Analysen (einschliesslich Wettbewerbsanalysen) zur Schaffung von Mehr­werten, insbesondere für Kunden, aber auch unter Berücksichtigung von Aktionären, der Gesellschaft, Mitarbeitern, Nachwelt, etc.
      2. Einsatz einer "Assemble-to-Order"-Produktionsfähigkeit zur schnellen Erstellung kundenspezifischer Produkte/Dienstleistungen, um auf die Marktnachfrage reagieren zu können
      3. Zugriff auf und Nutzung einer Geschäftswissensbasis für Forschung und Innovation in den Bereichen Geschäftspolitik, Inventarführung, Prozesse, Vertriebsnetze, Verantwortlichkeiten sowie zeitlicher Abläufe, unter steter Berücksichtigung der Stakeholder im Umfeld des Geschäfts und im Unternehmen selber
    3. Geschäftsstrategien umsetzen– Stellen Sie sicher, dass Geschäftsabläufe die strategischen Absichten des Unternehmens umsetzen
      1. Explizite Aufzeichnung und Interpretation von Entscheidungen und Richtlinien bezüglich Geschäftsstrategie, um eine präzise Transformation und Umsetzung strategischer Absichten in der Praxis sicherzustellen
      2. Aufzeichnung aller Geschäftsänderungen in der Geschäftswissensbasis sowie Abstimmung auf die Geschäftsstrategien, damit Konsequenzen ermittelt und geeignete Anpassungen entwickelt werden können
      3. Durchsetzung geschäftspolitischer Entscheidungen mittels Technologie und anderen Entwicklungen sowie Implementationen, um Verstösse im Geschäftsbetrieb zu erkennen und geeignete Massnahmen zu ergreifen
    4. Sicherheit bieten – Physische Sicherheit sowie Cyber-Sicherheit für Menschen und Eigentum
      1. Analyse interner und externer Rollenzuweisungen und Rollenberechtigungen, um das Anzeigen, Zugreifen, Benutzen, Ändern (etc.) von proprietären Geschäftswissen oder Geschäftsressourcen einschliesslich Daten, Geschäftsprozessen, Geschäftseigentum (Anlagen, Technologie, etc.) zu erlauben
      2. Bedarfsgerechte physische Trennung und sicherheitsmässiger Schutz von Personen, geistigem Eigentum sowie anderen wertvollen Gütern
      3. Schutz von Kunden und anderen vertraulichen Informationen und Kenntnissen, für die das Unternehmen treuhänderisch verantwortlich ist, vor Cyber-Angriffen und anderen Bedrohungen
    5. Nachhaltigkeit sicherstellen– Nachhaltigkeit im Kontext von Veränderungen des Geschäftsökosystems
      1. Kontinuierliche Analyse des externen Ökosystems auf kritische Chancen und Bedrohungen und Analyse der internen Stärken und Schwächen in Bezug auf diese Chancen und Bedrohungen (SWOT)
      2. Kontinuierliche Bewertung der Geschäftswissensbasis, um geeignete Investitionen und Handlungsoptionen zu identifizieren und zu entwickeln und geeignete Ressourcen zu beschaffen, um die SWOT zu adressieren
      3. Kontinuierliche Beobachtung und Überwachung aller Geschäftsvorgaben, um Konformität in der Praxis sicherzustellen
    6. Geschäftsrisiken managen – Risiken des Verlusts von Geld, Kunden, Betriebsmitteln, Goodwill, Kreditwürdigkeit, Compliance, etc.
      1. Gestaltung des Geschäfts zur Elimination, Minderung oder Vermeidung von materiell unkontrollierten Risiken, einschliesslich potenzieller Inkonsistenzen aufgrund von Schwachstellen in Prozessen, Richtlinien und Geschäftsregeln
      2. Unternehmensweite Beseitigung von Redundanzen, die zu mangelnder Nachvollziehbarkeit, Schwachstellen oder Haftungsfällen führen können, wenn sie von externen Stellen wie Behörden, Kunden, Klägern usw. entdeckt werden
      3. Nutzung der Geschäftswissensbasis, um logische Schwachstellen oder Inkonsistenzen in der Geschäftsgestaltung zu entdecken, deren Ursachen aufzudecken sowie geeignete Lösungen oder Milderungen zu entwickeln und umzusetzen
    7. Förderung angemessener Innovation oder Kontrolle– Abwägung zwischen Disruption und Optimierung
      1. Anpassung des Managementsystems zur Förderung offener Innovation (Kreativität, Dezentralisierung von Designentscheidungen) und/oder zur Förderung der Optimierung (Kontrolle, Zentralisierung der Designhoheit) in den Bereichen Geschäftsgestaltung, Produkt- und Dienstleistungsentwicklung, Geschäftsstrategie und -politik etc.
      2. Zugriff auf und Nutzung einer Geschäftswissensbasis, um Auswirkungen von Änderungsvorschlägen zu identifizieren sowie die Entwicklung spezifischer Pläne für das Programm-Management und die Assimilation von Änderungen zu ermöglichen
    8. Zusammenarbeit ermöglichen – Zusammenarbeit innerhalb des Unternehmens genauso wie Zusammenarbeit mit externen Organisationen
      1. Darauf hinarbeiten, dass der Geltungsbereich der Geschäftsgestaltung derart erweitert wird, dass alle involvierten Parteien, die Teil einer erweiterten Wertschöpfungs­kette an die Endkunden/Märkte sind, berücksichtigt werden
      2. Zugriff auf und Nutzung einer Geschäftswissensbasis zur Identifikation möglicher und erforderlicher Interaktionen zwischen Geschäftseinheiten mit unabhängigen Verantwortlichkeiten, um eine optimale Gestaltung des gesamten Netzwerks zur Unterstützung komplementärer Abläufe zu gewährleisten
      3. Nahtlose, nachhaltige Innovation und Schaffung von Produkten und Dienstleistungen durch unabhängige, kooperierende Geschäftseinheiten unter Wahrung des Nutzens für die Empfänger dieser Produkte und Dienstleistungen unter sich ändernden Bedingungen
    9. Ressourcen optimieren– Investitionsalternativen identifizieren/qualifizieren und die Ressourcennutzung durch Teilen und Wiederverwenden maximieren
      1. Externe Ökosystembewertung und Nutzung der Geschäftswissensbasis zur Identifikation, Qualifikation und Quantifikation von Investitionskandidaten, welche die Ziele der Geschäftsstrategie am besten erfüllen und Leistungslücken am besten schliessen
      2. Komponentenbildung sowie Design von Ressourcen für die Wiederverwendbarkeit in verschiedensten Implementierungen, um Entwicklungskosten, Risiken, redundante Arbeit sowie Zeitaufwand bei der Umsetzung von Geschäftsänderungen zu reduzieren
      3. Etablierung von Mechanismen und Fähigkeiten, um operationelle Aufgaben, Geschäftsregeln und unterstützende Fähigkeiten unter nahezu Echtzeit-Betriebsbedingungen zu messen, zu überwachen und einfach anpassen zu können
    10. Wissen managen – Geschäftswissen als Wissensvorsprung nutzen
      1. Inkrementelle Sammlung und iterative Verfeinerung von Geschäftsdefinitionen, Beschreibungen und Regeln, d.h. des Geschäftswissens, das für die Kommunikation und das Management von Geschäftsabläufen erforderlich ist
      2. Analyse, wie das Unternehmen optimal verändert werden kann, um Innovationen, Verbesserungen, Risikominimierung, Cybersicherheit, Ressourcenallokation, Wettbewerbsvorteile usw. zu erzielen
      3. Verständnis der Auswirkungen von Änderungen an Geschäftspolitik, Prozessen, Geschäftsregeln, Ressourcen und anderen Mechanismen, die erforderlich sind, um optimale Änderungsentscheidungen zu treffen

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    1 Dank an Gladys S.W. Lam für Input zum Inhalt und zur Organisation des Manifests und an Sasha Aganova für die Leitung der Arbeiten bis zu deren Fertigstellung. Dank an Dr. Jürgen Pitschke für seinen wertvollen Beitrag bei der Übersetzung des Manifests Top

    © Business Rule Solutions, LLC. 2017.                                                                                                        

    © John A. Zachman, Zachman International. 2017.

    © Process Renewal Consulting Group (2015), Inc. 2017.

    © Übersetzung: KnowGravity, Inc. 2018.

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